Chiwa - Abdurasulbay Madrasa
Die Abdurasulbay-Medrese in Chiwa – Ein Meisterwerk der späten islamischen Bildungsarchitektur
Die Abdurasulbay-Medrese in Chiwa, erbaut im Jahr 1906, ist ein herausragendes Beispiel für die späte islamische Bildungsarchitektur in Zentralasien. Sie befindet sich an der südöstlichen Ecke der Yar-Muhammad-Devon-Moschee und wurde durch die finanzielle Unterstützung von Abdurasulbay errichtet, einem Neffen des renommierten Dichters, Komponisten und Übersetzers Muhammad Niyaz Mirzabashi, bekannt als Komil Khorazmi (1825–1899). Komil Khorazmi, ein bedeutender Vertreter der klassischen usbekischen Literatur und Musik, hatte selbst an einer Medrese in Chiwa studiert und war Schüler der Agakhi-Schule. Er diente als Sekretär und Leiter der Kanzlei von Muhammad-Rahim-Khan II., einem der bedeutendsten Herrscher von Chiwa im 19. Jahrhundert, der sich besonders für die Förderung von Kultur und Wissenschaft einsetzte.
Architektonische Besonderheiten der Abdurasulbay-Medrese
Die Medrese zeichnet sich durch ihre architektonische Raffinesse aus und verfügt über eine einzigartige Raumaufteilung mit zwei Innenhöfen. Der Eingang, der sich zwischen diesen beiden Höfen befindet, besteht aus zwei miteinander verbundenen Kuppelabschnitten. Eine Seite des Eingangsbereichs ist dem Hof der Medrese zugewandt, was eine harmonische Verbindung zwischen den einzelnen Gebäudeteilen schafft.
Mit einer Gesamtfläche von 30 × 65 Metern besitzt die Medrese einen großzügigen Grundriss. Der westliche Hof mit den Maßen 6,9 × 3,6 Meter, trapezförmig angelegt, enthält in den Ecken zwei kreuzförmige Räume. An seiner südlichen Seite befindet sich eine mit einer Kuppel bedeckte Moschee, während sich im Norden zwei Hudschras mit jeweils zwei Eingangsöffnungen befinden. Der östliche Hof, rechteckig mit einer Fläche von 7,1 × 5,5 Metern, ist ebenfalls von Umfassungsräumen umgeben. Die Wohnräume für die Schüler, die sich im ersten Stock oberhalb des Korridors befinden, sind mit Gewölbedecken ausgestattet. Diese architektonische Lösung gewährleistet eine stabile Struktur und ein angenehmes Raumklima, das insbesondere in den heißen Sommermonaten von Vorteil war.
Ein besonderes historisches Merkmal sind die beiden Hudschras, in denen die Töchter von Abdurasulbay beigesetzt wurden. Diese Hudschras sind ein bedeutendes Zeugnis der familiären und sozialen Strukturen der Zeit.
Kunstvolle Gestaltung und Dekoration
Die Medrese beeindruckt durch ihre kunstvolle Fassadengestaltung. Die Wandfronten sind mit gebürsteten Ziegeln verziert, die im oberen Bereich des Portals sowie der Wände mit einer grünen Lasur bemalt wurden, was dem Bauwerk eine besondere ästhetische Qualität verleiht. Diese dekorativen Elemente spiegeln den architektonischen Stil der späten Kokand-Dynastie wider, die für ihre filigranen Ornamentikarbeiten bekannt war.
Der Haupteingang zur Medrese ist mit einem hölzernen Tor ausgestattet, das aus zwei Flügeln besteht. Auf dem Querbalken der rechten Torhälfte befindet sich eine Inschrift, die den Namen des Meisters „Bogbek“ trägt. Die zweite Zeile der Inschrift, die vermutlich den Namen seines Vaters enthielt, ist jedoch nicht erhalten geblieben. Dies unterstreicht die Herausforderungen, die mit der Erhaltung historischer Inschriften in der Region verbunden sind, da Witterungseinflüsse und politische Umwälzungen oft zu Schäden an kunsthistorisch wertvollen Bauwerken geführt haben.
Die Medrese als Zentrum für Kultur und Kunsthandwerk
Heute ist die Abdurasulbay-Medrese ein bedeutendes Denkmal des nationalen Kulturerbes Usbekistans und erfüllt eine doppelte Funktion: Sie dient sowohl als architektonisches Denkmal als auch als Zentrum für kulturelle und touristische Aktivitäten. In ihren Räumen wurde eine Werkstatt für die traditionelle Suzani-Stickerei eingerichtet.
Suzani, eine kunstvolle Sticktechnik, die tief in der usbekischen Kultur verwurzelt ist, wird hier gepflegt und weitergegeben. Besucher haben die einzigartige Möglichkeit, den Stickereiprozess aus nächster Nähe zu beobachten und sich mit der reichen Tradition der zentralasiatischen Textilkunst vertraut zu machen.
Durch diese Nutzung bleibt die Medrese nicht nur ein lebendiges Zeugnis der islamischen Bildungsgeschichte, sondern entwickelt sich auch zu einem lebendigen Ort des kulturellen Austauschs und des Kunsthandwerks. Die Verbindung von historischem Erbe und zeitgenössischer Handwerkskunst macht die Abdurasulbay-Medrese zu einer einzigartigen Sehenswürdigkeit in Chiwa und einem Muss für Besucher, die die Geschichte und Kultur Zentralasiens in ihrer authentischsten Form erleben möchten.