Buchara - Geheimnis von Samaniden Mausoleum
Geheimnis von Samaniden Mausoleum in Buchara: Ein Meisterwerk der Architektur und Symbolik
Westlich des Registan-Platzes, eingebettet in das Grün eines Parks und auf dem alten Friedhof “Naukand” im heiligen Buchara gelegen, erhebt sich eine vollkommene architektonische Schöpfung – das Samaniden-Mausoleum. Dieses monumentale Bauwerk, das vermutlich in den späten IX. bis frühen X. Jahrhunderten errichtet wurde, birgt bis heute ein faszinierendes Geheimnis und zählt zu den bedeutendsten Meisterwerken islamischer Architektur.
Ein Mausoleum mit historischer Tiefe
Das Samaniden-Mausoleum wird allgemein als die Grabstätte der Samaniden-Herrscher angesehen und gilt als eines der frühesten Beispiele für den Bau islamischer Mausoleen. Es wird vermutet, dass seine Errichtung eine architektonische Antwort der Samaniden auf das Abbasidenkalifat war, das 862 mit dem Mausoleum von Qubba al-Sulabiyya über dem Grab des Kalifen al-Muntasir ein neues Vorbild für Grabarchitektur schuf.
Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass im Samaniden-Mausoleum erstmals die sogenannte “Qubba-Kuppel” in ihrer ursprünglichen Form zur Anwendung kam, ein Element, das die islamische Architektur nachhaltig prägen sollte. Doch nicht nur durch seine Konstruktion, sondern auch durch seine symbolträchtige Gestaltung hebt sich das Mausoleum von anderen Bauwerken seiner Zeit ab.
Das Geheimnis des Ziegeldekors
Eines der faszinierendsten Rätsel des Samaniden-Mausoleums liegt in seinem kunstvollen Ziegeldekor. Die meisterhaft gestalteten Backsteinmuster sind nicht bloß schmückendes Element, sondern verbergen tiefere symbolische Bedeutungen. Viele Gelehrte sehen in diesen Ornamenten einen starken Einfluss der vorislamischen Kultur der alten Sogdiana, was zu Spekulationen über einen noch früheren Ursprung des Mausoleums führte. Einige Interpreten deuteten das Bauwerk sogar als ehemaligen zoroastrischen Sonnentempel, eine Hypothese, die bis heute kontrovers diskutiert wird.
Die Symbolik des Kosmogramms
Ein zentrales Element des Mausoleums ist seine symbolische Hauptkomposition, die in den Bögen des Bauwerks zu finden ist und als kosmisches Diagramm – ein Kosmogramm – interpretiert wird. Diese Komposition spiegelt sich in einem charakteristischen quadratischen Zeichen wider, das symmetrisch auf beiden Seiten des Eingangs angebracht ist.
Jedes dieser Zeichen besteht aus vier ineinander geschachtelten Quadraten, deren innerstes einen Kreis umschließt – eine symbolträchtige Darstellung der Einheit von Himmel (Kreis) und Erde (Quadrat). Der äußere Rand dieser Quadrate wird von 40 “Perlenringen” geziert, die mit den 40 bogenförmigen Öffnungen im oberen Teil der Wände korrespondieren. Zusätzlich finden sich in den Quadraten große und kleine “zweiflügelige” Schilder, deren genaue Bedeutung bis heute Gegenstand von Forschungen ist.
Das Quadrat als zentrales Symbol
Die gesamte Architektur des Mausoleums ist auf dem Prinzip des Quadrats aufgebaut, das in seinen Grundrissen, Fassaden und Dekorationen immer wieder aufgegriffen wird. Dies unterstreicht die zentrale Bedeutung des Quadrats als Symbol für die Stabilität der Erde und die kosmische Ordnung. Möglicherweise spiegelt sich in dieser Formensprache auch der Einfluss des Kaaba-Images wider – jenes heiligen, würfelförmigen Baus in Mekka, der das Zentrum des islamischen Glaubens bildet.
Aus dieser quadratischen Grundstruktur lassen sich drei zentrale Zeichen ableiten, die die Symbolik des Mausoleums prägen:
- Der Kreis im Quadrat: Dieses Zeichen steht für die ursprüngliche Urform des Mausoleums und symbolisiert die Einheit von Himmel und Erde.
- Das Quadrat im Quadrat: Hierbei handelt es sich um eine Darstellung kosmischer Harmonie und Ordnung, die die Unendlichkeit des Universums symbolisiert.
- Die zwei Quadrate mit vierzig Perlen: Dieses Motiv verbindet die 40 “Perlen” an den Außenseiten mit den 40 bogenförmigen Öffnungen des Mausoleums und verweist auf den spirituellen Aufstieg der Seele.
Westlich des Registan-Platzes, eingebettet in das Grün des Parks auf dem alten Friedhof “Naukand” im heiligen Buchara, erhebt sich das Samaniden-Mausoleum – ein architektonisches Meisterwerk und ein Zeugnis der Verschmelzung islamischer und vorislamischer Symbolik. Errichtet zwischen dem späten 9. und frühen 10. Jahrhundert, wird dieses Bauwerk als die letzte Ruhestätte der Samaniden-Herrscher angesehen und birgt in seinen Mauern eine reiche Symbolik, die bis heute fasziniert.
Die tschortaku-ähnliche Struktur: Tore zu den vier Himmelsrichtungen
Das charakteristische Merkmal des Mausoleums ist seine tschortaku-ähnliche Öffnung auf allen vier Seiten, die symbolisch die Verbindung des Bauwerks zu den vier Himmelsrichtungen und zur Quelle seiner geistigen Kraft darstellt. Diese architektonische Besonderheit unterstreicht die spirituelle Bedeutung des Mausoleums: Der Eintritt durch eine der vier Pforten markiert den Übergang vom Profanen zum Heiligen.
Von besonderer Symbolik ist das orientierungsverschobene Innenquadrat, dessen Ecken den Eingangsort anzeigen. Die Flügelmotive über den Bögen des Mausoleums erinnern an die Flügel von Engeln und gelten als traditionelle Symbole der Spiritualität. Sie verweisen auf die Überwindung weltlicher Eitelkeit beim Betreten des Bauwerks und die Einweihung in das Göttliche.
Kosmische Symbolik: Die Einheit von Makro- und Mikrokosmos
Das Samaniden-Mausoleum vereint in seiner Struktur zahlreiche Symbole, die auf eine tiefere kosmische Ordnung hindeuten. Ein Schlüsselmotiv ist das “Quadrat im Quadrat”, das als Darstellung der “Einheit von Makro- und Mikrokosmos” gedeutet werden kann. Die Bewegung vom inneren zum äußeren Quadrat symbolisiert die Ausdehnung des Universums, während die umgekehrte Bewegung die Reise ins Innere und den spirituellen Pfad repräsentiert.
Die sakrale Zahl 40: Schutz und spirituelle Verbindung
Ein weiteres zentrales Symbol des Mausoleums sind die “zwei Quadrate mit vierzig Perlen”, die auf die sakrale Bedeutung der Zahl 40 in der islamischen Tradition verweisen. Die Zahl 40 ist tief in spirituelle Rituale eingebettet: Es heißt, dass die Seele 40 Tage nach dem Tod auf der Erde verweilt und 40 Tage vor der Geburt in den Körper eintritt.
In der lokalen Tradition symbolisieren die 40 Perlen die “Tschiltan” – die “vierzig Heiligen” oder “geheimen Menschen”, die als spirituelle Beschützer der Welt gelten. Usbeken, Tadschiken, Kasachen und Kirgisen erzählen Legenden über diese mythischen Gestalten, die später mit sufitischen und ismaelitischen Glaubensvorstellungen verschmolzen. Im Kontext des Mausoleums verkörpert der quadratische “Zaun” aus 40 Perlen den Schutz durch diese Heiligen und betont die geistige Verbindung des begrabenen Samaniden-Herrschers mit ihnen.
Vorislamische Einflüsse: Das Erbe des Siyavusch-Kults
Die Verehrung der Zahl 40 reicht in der Region Maverannahr und Khorezm bis ins Frühmittelalter zurück. Besonders im vorislamischen Buchara war die sakrale Zahl mit dem Siyavusch-Kult verbunden, einer Sonnengottheit, deren Verehrung in kalendarisch-agrarische Rituale eingebunden war. Die Oberpriester dieses Kults waren gleichzeitig Herrscher der Region – eine Verbindung von geistiger und weltlicher Macht, die auch im Mausoleum ihren Ausdruck findet.
Die Samaniden, die im 9. Jahrhundert ihre Unabhängigkeit vom Abbasidenkalifat proklamierten, griffen bewusst auf diese lokalen Traditionen zurück. In der Architektur des Mausoleums manifestiert sich somit die Verschmelzung islamischer Glaubensvorstellungen mit vorislamischen Symbolen – ein Beweis dafür, dass die Bevölkerung Bucharas trotz der offiziellen Annahme des Islam weiterhin ihre heidnischen Rituale praktizierte.
Das Geheimnis des Samaniden-Mausoleums
Das “Geheimnis” des Samaniden-Mausoleums offenbart sich in der einzigartigen Verbindung von religiösen Traditionen, spirituellen Symbolen und architektonischer Meisterschaft. Es vereint islamische und vorislamische Weltbilder in einer Komposition, die den Betrachter auf eine Reise durch kosmische Ordnungen und spirituelle Ebenen führt. Die 40 Perlen und die 40 Bogenfenster sind mehr als nur dekorative Elemente – sie stehen für Lichtquellen, die die Dunkelheit durchbrechen und den Schutz heiliger Mächte symbolisieren.
Das Samaniden-Mausoleum bleibt bis heute ein Monument des kulturellen Erbes Zentralasiens und ein Zeugnis der tiefen spirituellen Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Es ist nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern auch ein Symbol für den Dialog zwischen Kulturen und Glaubensrichtungen, das seinen Zauber bis in unsere Zeit bewahrt.
Ein zeitloses Vermächtnis
Das Samaniden-Mausoleum fasziniert nicht nur durch seine architektonische Meisterschaft, sondern auch durch die Tiefe seiner Symbolik. Es vereint Einflüsse vorislamischer Kulturen mit den Errungenschaften der frühen islamischen Baukunst und bleibt bis heute ein unvergleichliches Monument des kulturellen Erbes Zentralasiens.
Sein Geheimnis lebt in den kunstvollen Ziegelmustern und der symbolischen Architektur fort – ein Zeugnis der Suche nach dem Göttlichen und der ewigen Verbindung von Himmel und Erde. In den stillen Schatten des Naukand-Friedhofs ruht nicht nur die Geschichte der Samaniden, sondern ein ganzes Universum an Bedeutungen, das noch immer darauf wartet, entschlüsselt zu werden.