Shahrisabz - Chorsu Basar
Der überdachte Chorsu Basar in Shahrisabz – Ein Meisterwerk zentralasiatischer Handelsarchitektur
Shahrisabz, eine der ältesten Städte Usbekistans, war über Jahrhunderte hinweg ein bedeutendes Zentrum des Handels und Handwerks. Im Laufe der Geschichte wurden hier zahlreiche Basare, Karawansereien und Markthallen errichtet, die den blühenden Handel der Region widerspiegelten. Doch nur eines dieser historischen Bauwerke hat die Zeit überdauert und ist bis heute erhalten geblieben: der überdachte Basar Chorsu, errichtet im Jahr 1602.
Die Bedeutung des Begriffs „Chorsu“ und die strategische Lage
Der Name „Chorsu“, der wörtlich „vier Ströme“ bedeutet, war in Zentralasien eine traditionelle Bezeichnung für Basare, die sich an den Kreuzungen wichtiger Handelsstraßen befanden. Die strategische Lage des Chorsu Basars in Shahrisabz war kein Zufall: Er wurde im Herzen der Stadt errichtet, genau an der Kreuzung der wichtigsten Handelsrouten der Region.
- Eine dieser Straßen begann am südlichen Stadttor Charimgar, das unter Amir Temur als das „Tor von Termez“ bekannt war.
- Die andere war die Ost-West-Handelsstraße, die durch Shahrisabz führte und die Stadt mit anderen bedeutenden Handelsplätzen verband.
Diese verkehrsgünstige Lage machte den Chorsu Basar über Jahrhunderte hinweg zu einem zentralen Knotenpunkt für Händler und Reisende. Hier wurden wertvolle Waren aus ganz Zentralasien gehandelt – von edlen Seidenstoffen über kunstvoll bestickte Textilien bis hin zu exquisiten Keramiken und Teppichen.
Unmittelbar neben dem Basar wurde zudem ein Badehaus (Hammam) errichtet, das bis in die Gegenwart in Betrieb ist. Dies unterstreicht die hohe infrastrukturelle Bedeutung dieses Areals, denn die Kombination aus Markthalle und Badehaus war typisch für wirtschaftliche und soziale Zentren des Orients.
Architektonische Besonderheiten – Einzigartigkeit im Vergleich zu anderen Basaren Zentralasiens
Obwohl der Chorsu Basar von seiner Grundstruktur her Ähnlichkeiten mit den mittelalterlichen Handelskuppelbauten von Buchara und Samarkand aufweist, unterscheidet er sich dennoch in mehreren architektonischen Details von anderen zentralasiatischen Basargebäuden.
Zentrale Struktur und Bauweise
Das Herzstück des Basars bildet eine große, überdachte Haupthalle, die einen Durchmesser von 21 Metern aufweist. Das Gebäude wurde mit einem ausgeklügelten vierseitigen Zugangssystem errichtet:
- Über vier monumentale Portale, die exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet sind, gelangt man ins Innere des Bauwerks.
- Die zentrale Halle ist von einem quadratischen Grundriss mit abgeschrägten Ecken umgeben.
- Von der Haupthalle führen schmale Gänge zu acht kleineren Nebenräumen, die ursprünglich als Lagerräume und Verkaufsstätten dienten.
Besonders beeindruckend ist die kuppelförmige Hauptüberdachung, die auf gewölbten Segeln ruht. Diese architektonische Technik verleiht dem Innenraum eine beeindruckende Höhe und sorgt gleichzeitig für eine natürliche Luftzirkulation sowie eine gleichmäßige Lichtverteilung.
Zusätzlich sind die kleineren Nebenräume mit eigenen Kuppeln ausgestattet, wodurch das Gesamtbild des Bauwerks eine harmonische Symmetrie erhält.
Meisterhafte Backsteinarchitektur statt kunstvoller Majolika
Während viele repräsentative Bauwerke Zentralasiens für ihre kunstvollen Majolika- und Mosaikverzierungen bekannt sind, setzten die Architekten des Chorsu Basars auf eine andere Ästhetik:
- Statt aufwendiger Ornamente besticht das Bauwerk durch seine meisterhafte Backsteinarchitektur.
- Besonders bemerkenswert ist das kunstvoll gestaltete Ziegelmauerwerk der schildförmigen Fischgrätensegel, das nicht nur eine tragende Funktion hat, sondern auch ästhetisch wirkt.
Diese bewusste Zurückhaltung in der Dekoration unterstreicht die funktionale Eleganz des Gebäudes, das in erster Linie als Handelszentrum und nicht als prunkvolle Repräsentationsarchitektur diente.
Das Handelsleben im Chorsu Basar – Ein Zentrum des wirtschaftlichen Austauschs
Der Chorsu Basar war über Jahrhunderte hinweg das pulsierende wirtschaftliche Herz von Shahrisabz. Die einzelnen Geschäftslokale innerhalb des Basars waren auf bestimmte Warengruppen spezialisiert:
- Keramik und Töpferwaren: Kunstvolle Gefäße und Teller, oft mit floralen und geometrischen Mustern verziert.
- Handstickereien: Besonders berühmt war Shahrisabz für seine kunstvollen Suzani-Stickereien, die auch heute noch für ihre filigranen Muster geschätzt werden.
- Seidenstoffe und Teppiche: Hochwertige Textilien aus lokalen Werkstätten sowie exklusive Importwaren aus China und Persien.
- Gewürze und getrocknete Früchte: Eine reiche Auswahl an orientalischen Gewürzen, Nüssen und Trockenfrüchten, die von Händlern aus dem gesamten Orient nach Shahrisabz gebracht wurden.
Der Basar war nicht nur ein Ort des Handels, sondern auch ein Zentrum der sozialen Interaktion. Hier trafen sich Menschen aus verschiedenen Regionen, tauschten Neuigkeiten aus und führten geschäftliche Verhandlungen.
Der Chorsu Basar als Symbol der Timuriden- und Scheibaniden-Zeit
Der Chorsu Basar ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele für die Handelsarchitektur der späten Timuriden- und frühen Scheibaniden-Zeit. Er repräsentiert die wirtschaftliche Blütezeit von Shahrisabz und verdeutlicht die Bedeutung der Stadt als Handelszentrum auf der Seidenstraße.
Restaurierungsmaßnahmen und heutige Bedeutung
Obwohl der Chorsu Basar mehr als 400 Jahre alt ist, hat er die Jahrhunderte erstaunlich gut überstanden. Um die Struktur zu erhalten und die Geschichte dieses einzigartigen Bauwerks zu bewahren, wurden in den letzten Jahren verschiedene Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt.
- Die Tragfähigkeit der Kuppel wurde überprüft und an einigen Stellen verstärkt.
- Die historische Ziegelstruktur wurde sorgfältig gereinigt und restauriert, um den ursprünglichen Charakter des Gebäudes zu erhalten.
- Die umliegenden Bereiche wurden modernisiert, um den Chorsu Basar als touristische Sehenswürdigkeit besser zugänglich zu machen.
Heute ist der Chorsu Basar nicht nur ein bedeutendes architektonisches Denkmal, sondern auch ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Besucher, die hier die Atmosphäre eines traditionellen orientalischen Marktes erleben können.
Der überdachte Chorsu Basar in Shahrisabz ist weit mehr als nur ein historischer Handelsplatz – er ist ein lebendiges Denkmal der reichen Geschichte der Stadt.
Seine einzigartige Architektur, die meisterhafte Ziegelbauweise und seine einstige Funktion als wirtschaftliches Zentrum machen ihn zu einem unverzichtbaren Teil des kulturellen Erbes Zentralasiens.
Für Reisende, die die authentische Atmosphäre eines mittelalterlichen orientalischen Basars erleben möchten, ist der Chorsu Basar ein unverzichtbares Ziel und ein Fenster in die Vergangenheit einer Stadt, die einst ein bedeutender Knotenpunkt der legendären Seidenstraße war.